L-Histidin ist eine bedingt essentielle Aminosäure, die eine Vielzahl von wichtigen Funktionen im Körper erfüllt, wie die Herstellung von Körperproteinen und Histamin, einem Neurotransmitter, sowie Gewebereparatur- und -bildung. Obwohl der Körper selbst in der Lage ist, L-Histidin zu synthetisieren, ist es auch notwendig, es durch die Nahrung aufzunehmen, um einen ausreichenden Gehalt sicherzustellen. Doch trotz zahlreicher positiver Effekte auf den menschlichen Körper sollten mögliche Risiken einer Überdosierung und Nebenwirkungen von L-Histidin bedacht werden.
Die 5 wichtigsten Fakten zu L-Histidin
- L-Histidin ist eine bedingt essentielle Aminosäure, die eine Vielzahl von Funktionen im Körper hat, einschließlich Proteinherstellung, Histaminproduktion und Gewebewachstum.
- L-Histidin bietet gesundheitliche Vorteile wie Gewichtsreduktion, verbesserte Blutzuckerregulation, Reduzierung von Entzündungen und mögliche Verbesserung der kognitiven Funktion.
- Studien weisen darauf hin, dass L-Histidin die Hautgesundheit verbessern kann, insbesondere bei Atopischer Dermatitis. Zudem kann es die Nahrungsaufnahmen und damit das Gewichtsmanagement beeinflussen kann.
- Eine zu hohe Aufnahme von L-Histidin kann negative Auswirkungen haben, wie zum Beispiel verringerte Zinklevel im Blut und mögliche kognitive Beeinträchtigungen.
- L-Histidin ist im Allgemeinen sicher und gut verträglich, kann jedoch bei einer zu hohen Dosierung oder bei bestimmten Bevölkerungsgruppen wie Schwangeren oder Personen mit Histamin-Intoleranz Nebenwirkungen verursachen.
Was ist L-Histidin?
L-Histidin ist eine der 20 Aminosäuren, die für die Bildung von Proteinen benötigt werden (proteinogene Aminosäuren). L-Histidin kann vom Körper aus anderen Aminosäuren synthetisiert werden, aber nur in begrenztem Umfang. Daher gilt L-Histidin als bedingt essentiell, das heißt, sie muss teilweise über die Nahrung aufgenommen werden.
Sie wurde erstmals 1896 von dem deutschen Physiologen Albrecht Kossel entdeckt. Kossel war ein prominenter Wissenschaftler, der sich auf die Untersuchung von Proteinen und Nukleinsäuren spezialisiert hatte. Das „L“ in L-Histidin steht für „Levo“, was aus dem Lateinischen stammt und „links“ bedeutet. In der Chemie bezeichnet es die räumliche Anordnung der Molekülstruktur, genauer gesagt die Drehrichtung der Moleküle. Aminosäuren, einschließlich Histidin, können in zwei spiegelbildlichen Formen vorkommen, die als L- (Levo) und D- (Dextro) Formen bezeichnet werden. Die meisten in der Natur vorkommenden und für den Aufbau von Proteinen genutzten Aminosäuren liegen in der L-Form vor.
L-Histidin hat mehrere Funktionen im Körper, darunter1:
- Herstellung von Proteinen
- Bildung von Carnosin (ein für Muskel- und Gehirngewebe wichtiges Peptid)
- Herstellung von Histamin (ein Neurotransmitter, der allergische Reaktionen vermittelt)
- Bindung (Chelatbildung) von Metallen
- Hilfe bei der Reparatur und dem Wachstum von Gewebe
- Bildung von Blutzellen
- Schutz von Nervenzellen
Wirkung von L-Histidin
L-Histidin bietet eine Reihe von gesundheitlichen Vorteilen. Beachtet werden sollte auch, dass bei bestimmten Krankheiten wie chronischen Lungenerkrankungen (COPD) und chronischen Nierenerkrankungen die Histidinwerte im Körper sinken können. Eine ausreichende Zufuhr von Histidin, entweder durch Nahrungsergänzungsmittel (etwa 4,0-4,5 g pro Tag) oder durch die Nahrung selbst, wird mit mehreren gesundheitlichen Vorteilen in Verbindung gebracht:
- eine Verringerung des Body-Mass-Index (BMI) und des Körpergewichts,
- eine Verbesserung der Blutzuckerregulation (dargestellt durch Indikatoren wie HOMA-IR, Nüchternblutzucker und 2-Stunden-Blutzucker nach einer Mahlzeit),
- eine Reduzierung von Entzündungen und oxidativem Stress
Darüber hinaus könnte Histidin auch die kognitiven Funktionen verbessern, wie zum Beispiel die Verringerung von Appetit, Angst und Stressreaktionen sowie die Verbesserung des Schlafs. Es wird vermutet, dass diese Vorteile teilweise auf den Stoffwechsel von Histidin zu Histamin zurückzuführen sind, aber die genauen Zusammenhänge sind noch nicht vollständig geklärt2.
Verbesserung der Hautkrankheit Atopische Dermatitis
Atopische Dermatitis (AD) ist eine entzündliche Hautkrankheit, die besonders bei Kleinkindern auftritt und bisher nicht heilbar ist. Man vermutet, dass eine Schwäche im Hautprotein Filaggrin zur Krankheit beitragen kann. Im Labor zeigte sich, dass L-Histidin die Produktion von Filaggrin und die Funktion der Hautbarriere verbessert3. Und es konnten weitere Entdeckungen gemacht werden:
► In einer ersten Studie mit 24 erwachsenen Teilnehmern, die entweder ein Placebo oder täglich 4 Gramm L-Histidin einnahmen, zeigte sich, dass L-Histidin den Schweregrad von AD um 34 % verringerte. Es wurden einige unerwünschte Ereignisse festgestellt, aber keines davon stand in direktem Zusammenhang mit der Einnahme von L-Histidin. Eine Umfrage bei den Teilnehmern, die L-Histidin einnahmen, ergab keine ernsthaften Nebenwirkungen, dafür aber eine Reduzierung des Einsatzes von Kortikosteroiden (Cortison), einem häufig eingesetzten Medikament zur Behandlung von Atopischer Dermatits.
► In einer zweiten Studie mit kleinen Kindern (durchschnittlich 3,5 Jahre alt), die täglich 0,8 g L-Histidin einnahmen, verbesserte sich der Zustand ihrer Haut um 49 % im Vergleich zu einem Placebo. Obwohl es einige Nebenwirkungen gab, wurde auch hier meist kein direkter Zusammenhang mit der Einnahme von L-Histidin erkannt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass L-Histidin gut verträglich ist und das Potenzial hat, eine sichere Behandlungsmethode für Atopische Dermatitis zu sein4.
Vermindert die Nahrungsaufnahme (Gewichtsmanagement)
In einer Tierversuchs-Studie wurde untersucht, ob und wie L-Histidin das Essverhalten beeinflusst. Dabei stellte sich heraus, dass L-Histidin, wenn es injiziert wurde, die Nahrungsaufnahme innerhalb eines Tages deutlich reduzierte. Die Wissenschaftler stellten auch fest, dass diese Wirkung mit der Menge des injizierten L-Histidins zusammenhing: Je mehr L-Histidin verabreicht wurde, desto weniger wurde gegessen.
Um zu verstehen, warum das so ist, haben die Forscher auch Histamin betrachtet. Histamin wirkt als Neurotransmitter und wird freigesetzt, wenn das Gehirn den Körper signalisiert, dass er satt ist. Es wird aus L-Histidin hergestellt wird und das Essverhalten beeinflusst. Sie fanden unter anderem heraus, dass eine vermehrte L-Histidin-Aufnahme zu mehr Histamin im Gehirn führte.
Die Schlussfolgerung der Forscher ist also, dass L-Histidin das Essverhalten beeinflusst, indem es im Gehirn in Histamin umgewandelt wird. Das könnte bedeutet, dass L-Histidin eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Nahrungsaufnahme spielt5.
Wundheilung und Anti-Aging
Eine gestörte Wundheilung der Haut bei älteren Menschen kann zu medizinischen Problemen und einer erhöhten Sterblichkeit führen. Es wurde das regenerative Potenzial von L-Histidin und L-Carnosin in In-vitro- und In-vivo-Alterungsmodellen untersucht. L-Histidin, L-Carnosin oder eine Kombination verbesserten Probleme in Hautzellen, die durch Alterung mit d-Galaktose verursacht werden, beispielsweise das Wachstum oder die Vermehrung (Proliferation) der Hautzellen.
In Tierversuchen hat sich gezeigt, dass die Zugabe von L-Histidin, L-Carnosin oder beidem die Bildung von Kollagen (ein wichtiges Protein für die Hautstruktur) und die Heilung von Wunden verbessert. Gleichzeitig wurden die Spiegel von Corticosteron, einem Stresshormon, gesenkt und ein Prozess namens PI3K/Akt-Phosphorylierung, der mit Zellwachstum und -überleben zusammenhängt, verstärkt.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass L -Histidin und L -Carnosin das Potenzial haben, die Wundheilung in alternder Haut zu fördern6.
L-Histidin in Lebensmitteln
L-Histidin ist in vielen proteinreichen Lebensmitteln enthalten. Zu den reichhaltigsten Quellen für L-Histidin gehören:
- Fleisch: Rindfleisch, Schweinefleisch, Hühnchen, Pute
- Fisch: Thunfisch, Lachs, Sardinen, Makrele
- Eier: Hühnereier, Wachteleier
- Milchprodukte: Käse, Joghurt, Quark
- Soja: Tofu, Sojamilch, Tempeh
- Nüsse: Erdnüsse, Mandeln, Walnüsse – Samen: Sesam, Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne
Einnahme und Überdosierung von L-Histidin
Eine sehr hohe Zufuhr von Histidin (>24 g pro Tag) kann negative Auswirkungen haben, darunter ein verringertes Zinklevel im Blut und mögliche kognitive Beeinträchtigungen. Die Auswirkungen einer Histidinzufuhr in Dosen zwischen 4,5 und 24 g pro Tag sind noch nicht ausreichend untersucht, so dass noch keine genaue obere Grenze für die sichere Aufnahme festgelegt werden konnte2.
Wer sollte L-Histamin nicht einnehmen?
Personen mit einer Histamin-Intoleranz sollten L-Histidin meiden oder vorsichtig sein, da es zu einer Erhöhung des Histaminspiegels im Körper führen kann. Schwangere und stillende Frauen sollten L-Histidin nicht einnehmen, da es keine ausreichenden Daten über seine Sicherheit gibt. Personen, die an einer Lebererkrankung leiden, sollten ebenfalls kein L-Histidin supplementieren.
Nebenwirkungen von L-Histidin
L-Histidin ist im Allgemeinen gut verträglich und sicher, wenn es in moderaten Mengen eingenommen wird. Zu hohe Dosen können jedoch zu Nebenwirkungen führen.
► Es zeigten sich Befunde über eine Vergrößerung der Leber und einen Anstieg von Ammoniak und Glutamin sowie eine Abnahme der verzweigtkettigen Aminosäuren (Valin, Leucin und Isoleucin) im Blutplasma. Dies deutet darauf hin, dass eine Histamin-Supplementierung bei Patienten mit Lebererkrankungen ungeeignet ist1.
► In mehreren wissenschaftlichen Artikeln wurde außerdem berichtet, dass die Verabreichung von L-Histidin nach langfristiger Einnahme Hypercholesterinämie (erhöhtes Cholesterin) begünstigte7.
► Bei Dosierungen von bis zu 4,5 g pro Tag scheint L-Histidin gut verträglich zu sein. Bei höheren Dosierungen, besonders bei Langzeitanwendung, sind die Auswirkungen weniger klar. Einige Studien weisen darauf hin, dass hohe Dosen L-Histidin den Zink-, Eisen- und Kupferstoffwechsel stören können, was zu Veränderungen in der Konzentration dieser Metalle im Körper führt. Bei Menschen führte die Einnahme von 12 g Histidin pro Tag zu einer Verringerung der Ferritin-Konzentration, einer Eisenverbindung, während die Hämoglobinkonzentration unverändert blieb. Es scheint auch, dass Histidin in hohen Dosen (> 24g pro Tag) die Zinkausscheidung im Urin erhöht. Zudem wurden Untersuchungen durchgeführt, die nahelegen, dass Histidin in höherer Menge (24 bis 65 g täglich) Auswirkungen auf Geruch und Geschmack haben kann. Bei niedrigeren Dosen wurden jedoch keine solchen Effekte beobachtet.
Schließlich können sehr hohe Dosen Histidin auch Nebenwirkungen wie
- Kopfschmerzen
- Schläfrigkeit
- Übelkeit
- Sehstörungen
- Psychische Symptome wie Verwirrtheit und Depressionen
hervorrufen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Ergebnisse aus Studien mit begrenzten Teilnehmerzahlen stammen und weitere Untersuchungen erforderlich sind, um ein vollständiges Bild von den Auswirkungen hoher Histidin-Dosierungen zu erhalten2.
► Ferner konnte in einer Studie festgestellt werden, dass die Einnahme von 8 g Histidin täglich oder mehr zu Anorexie (Magersucht) und Gewichtsverlust führen kann8.
L-Histidin ist an vielen Prozessen beteiligt
L-Histidin ist ein integraler Bestandteil unseres Körpers, der an einer Vielzahl von Prozessen beteiligt ist – von der Proteinsynthese bis hin zur Regulation des Essverhaltens. Seine Vorteile reichen von Gewichtsmanagement über die Verbesserung der kognitiven Funktion bis hin zur Behandlung entzündlicher Hauterkrankungen. Aber wie bei jeder Substanz ist es wichtig, eine angemessene Balance zu finden. Während moderate Mengen von L-Histidin wesentlich für unsere Gesundheit sind, kann eine zu hohe Zufuhr zu Nebenwirkungen führen. Daher ist es wichtig, seine Aufnahme sorgfältig zu überwachen und bei Bedarf professionelle medizinische Beratung in Anspruch zu nehmen. Wie immer gilt: Prävention und Moderation sind Schlüssel zur Erhaltung unserer Gesundheit.
Häufig gestellte Fragen zu L-Histidin
Für was ist L-Histidin gut?
L-Histidin ist eine essentielle Aminosäure, die eine wichtige Rolle im Körper bei der Produktion von Proteinen und Geweben spielt und auch an der Regulierung vieler metabolischer Prozesse beteiligt ist. Zudem ist es ist ein Vorläufer von Histamin, einem wichtigen Neurotransmitter.
In welchen Lebensmitteln ist L-Histidin?
L-Histidin ist in vielen proteinreichen Lebensmitteln zu finden, wie zum Beispiel Fleisch, Geflügel, Fisch, Eiern, Sojabohnen und Milchprodukten.
Ist L-Histidin Histamin?
L-Histidin und Histamin sind nicht dasselbe, aber L-Histidin wird im Körper zu Histamin umgewandelt, das als Neurotransmitter und Immunregulator fungiert.
Was passiert bei zu viel Histidin?
Bei zu viel Histidin kann es zu Störungen des Zink-, Eisen- und Kupferstoffwechsels kommen. Nebenwirkungen wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit und sogar psychische Symptome wie Verwirrtheit und Depression können ebenfalls auftreten. Es kann auch zu einer Erhöhung der Zinkausscheidung im Urin führen, was potenziell einen Zinkmangel verursachen könnte.
Referenzen
- Holeček M. Histidine in health and disease: metabolism, physiological importance, and use as a supplement. Nutrients. 2020;12(3):848. doi:10.3390/nu12030848
- Thalacker-Mercer AE, Gheller ME. Benefits and Adverse Effects of Histidine Supplementation. J Nutr. 2020 Oct 1;150(Suppl 1):2588S-2592S. doi: 10.1093/jn/nxaa229. PMID: 33000165.
- Tan, S., Brown, S., Griffiths, C., Weller, R., & Gibbs, N. (2017). Feeding filaggrin: effects of l-histidine supplementation in atopic dermatitis. Clinical, Cosmetic and Investigational Dermatology, 10, 403 – 411. https://doi.org/10.2147/CCID.S146760.
- Tan, S., Brown, S., Griffiths, C., Weller, R., & Gibbs, N. (2017). Feeding filaggrin: effects of l-histidine supplementation in atopic dermatitis. Clinical, Cosmetic and Investigational Dermatology, 10, 403 – 411. https://doi.org/10.2147/CCID.S146760.
- Yoshimatsu, H., Chiba, S., Tajima, D., Akehi, Y., & Sakata, T. (2002). Histidine Suppresses Food Intake through Its Conversion into Neuronal Histamine. Experimental Biology and Medicine, 227, 63 – 68. https://doi.org/10.1177/153537020222700111.
- Kim, Y., Kim, E., & Kim, Y. (2019). l-histidine and l-carnosine accelerate wound healing via regulation of corticosterone and PI3K/Akt phosphorylation in d-galactose-induced aging models in vitro and in vivo. Journal of Functional Foods. https://doi.org/10.1016/J.JFF.2019.04.060.
- Holeček M. Side effects of amino acid supplements. Physiol Res. 2022 Mar 25;71(1):29-45. doi: 10.33549/physiolres.934790. Epub 2022 Jan 19. PMID: 35043647; PMCID: PMC8997670.
- Moro, Joanna, Daniel Tomé, Philippe Schmidely, Tristan-Chalvon Demersay, and Dalila Azzout-Marniche. 2020. „Histidine: A Systematic Review on Metabolism and Physiological Effects in Human and Different Animal Species“ Nutrients 12, no. 5: 1414. https://doi.org/10.3390/nu12051414.