Probiotika, oft als Wundermittel der modernen Ernährungswissenschaft gepriesen, sind lebende Mikroorganismen, die bedeutende Vorteile für die menschliche Gesundheit bieten. Ihre Geschichte reicht zurück bis ins Jahr 1908, in dem die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Laktobazillen entdeckt wurden. Heute wissen wir, dass Probiotika nicht nur für die Darmgesundheit, sondern auch für das Immunsystem und die allgemeine körperliche Verfassung entscheidend sind. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Probiotika, ihre Rolle im Körper, den Unterschied zu Präbiotika und ihre vielfältigen gesundheitlichen Vorteile.
Die Top-5-Fakten zu Probiotika
- Historischer Hintergrund: Probiotika, definiert als lebensfähige Mikroorganismen, sind seit dem frühen 20. Jahrhundert bekannt und werden vor allem für ihre positiven Effekte auf die Gesundheit geschätzt.
- Häufige Arten: Zu den gängigsten Probiotika zählen Lactobacillus und Bifidobakterium, die für ihre fermentierenden Eigenschaften und gesundheitlichen Vorteile bekannt sind.
- Abgrenzung zu Präbiotika: Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die die Darmgesundheit verbessern, während Präbiotika als Nahrung für diese Mikroorganismen dienen.
- Gesundheitliche Vorteile: Probiotika unterstützen die Darmgesundheit, das Immunsystem und können bei der Behandlung verschiedener Verdauungs- und Immunprobleme hilfreich sein.
- Natürliche Quellen: Probiotika kommen in fermentierten Lebensmitteln wie Joghurt und Sauerkraut vor und müssen widerstandsfähig gegen Magensaft und Gallensalze sein, um effektiv zu sein.
Probiotika – was ist das?
Probiotika sind Zubereitungen, die lebensfähige Mikroorganismen enthalten. Und diese lebensfähige Mikroorganismen sind auch Teil unserer Darmflora bzw. Mikrobiom. Sie tragen zur Erhaltung eines gesunden Darmmikrobioms sowie der allgemeinen Gesundheit bei und können das Immunsystem stärken.
Das Konzept der Probiotika geht auf das Jahr 1908 zurück, als Eli Metchnikoff (russischer Bakteriologe und Immunologe) die Theorie aufstellte, dass Laktobazillen, wenn sie eingenommen werden, Toxin bildende Bakterien verdrängen können, was gesundheitsfördernd und lebensverlängernd wirkt. Der Begriff „Probiotika“ wurde 1965 von Daniel M. Lilly und Rosalie H. Stillwell geprägt1. „Probiotika“ bzw. „pro bios“ bedeutet übersetzt „für das Leben“.
Probiotika werden als mikrobielle Faktoren definiert, die das Wachstum anderer Organismen fördern. Roy Fuller betonte 1989 die Notwendigkeit, dass Probiotika lebensfähig sein und eine positive Wirkung auf den Wirt haben müssen. Sie regen als nicht verdauliche Substanzen das Wachstum oder die Aktivität bestimmter im Darm heimischer Bakterien an. Häufig verwendete Probiotika sind Lactobacillus- und Bifidobakterium-Arten. Die gesundheitlichen Vorteile von Probiotika variieren je nach ihrer spezifischen Funktion im Darm. Zu den wichtigen Probiotika-Gruppen gehören1:
- Lactobacillus
- Bifidobacteria
- Saccharomyces boulardii
- Streptococcus thermophilus
- Enterococcus faecium
- Leuconostoc
Lactobacillus-Arten, die Teil der Milchsäurebakterien sind und seit Jahrtausenden zur Lebensmittelkonservierung durch Fermentation genutzt werden, können sowohl als Fermentationsmittel als auch als potenzielle Gesundheitsförderer dienen1.
Unterschied Probiotika und Präbiotika
Probiotika und Präbiotika spielen beide eine wichtige Rolle für die Darmgesundheit, unterscheiden sich aber grundlegend in ihrer Funktion und Beschaffenheit.
Probiotika2:
- Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die die menschliche Gesundheit fördern, indem sie den Körper besiedeln.
- Können die Zusammensetzung der Darmmikrobiota verändern.
- Hemmen die Ansiedlung schädlicher Bakterien im Darm.
- Fördern den Aufbau einer Schutzschicht in der Darmschleimhaut.
- Stärken die Barrierefunktion des Darms.
- Verbessern die Immunfunktion.
Präbiotika2:
- Fördern Wachstum/Vermehrung nützlicher Mikroorganismen.
- Dienen dem Wachstum und der Vermehrung von Probiotika.
- Es handelt sich meist um Polysaccharide bzw. unverdauliche Kohlenhydrate.
- Wichtige Rolle in Immunregulation und Abwehr von Krankheitserregern.
- Beeinflussen Stoffwechsel, erhöhen Mineralstoffaufnahme, fördern Gesundheit.
- Primäre Quellen für Präbiotika: Polysaccharide, Oligosaccharide, Mikroalgen, Pflanzen.
- Sonstige Präbiotika-Quellen: Algen, Fruchtsäfte, Schalen, Samen.
Zusammengefasst bieten Probiotika und Präbiotika synergistische Vorteile für die Darmgesundheit: Probiotika stellen gute Bakterien bereit, während Präbiotika als Nahrung für diese Bakterien dienen, um ihre Wirkung zu unterstützen und zu verstärken.
Präbiotika und Probiotika tragen zusammen wesentlich zu einer guten Ernährung und Gesundheit bei. Probiotika haben sich als nützlich erwiesen bei der Vorbeugung oder Behandlung von2
- Infektionen im Verdauungstrakt
- Infektionen in den Atemwegen
- Infektionen des Urogenitalsystems
- allergischen Reaktionen
- entzündlichen Darmerkrankungen
- Reizdarmsyndrom
Probiotika sind vor allem in fermentierten Produkten wie Joghurt und Sauerkraut enthalten und beeinflussen positiv die Darmmikrobiota, indem sie schädliche Bakterien hemmen und nützliche fördern. Ihre Wirksamkeit hängt von der Interaktion mit dem Wirtsmikrobiom ab. Nach WHO-Standards müssen probiotische Produkte genügend lebende Zellen enthalten und gegen Magensaft und Gallensalze resistent sein3.
Probiotische Bifidobakterien
Bifidobakterien sind ein wichtiger Bestandteil der Darmmikrobiota bei Säugetieren, einschließlich des Menschen, und können gesundheitsfördernde Wirkungen haben. Sie gehören zur Gattung Bifidobakterium, die zum Stamm der Actinobacteria zählt.
In der menschlichen Darmmikrobiota sind die Phyla Firmicutes, Bacteroidetes und Actinobacteria am häufigsten vertreten. Erwachsenen dominieren Firmicutes und Bacteroidetes, während bei gestillten Säuglingen Actinobacteria, insbesondere Bifidobakterien, vorherrschen, die bis zu 90 % der gesamten Bakterienpopulation ausmachen können. Bifidobakterien sind unter den ersten Mikroorganismen, die den Darm von Neugeborenen besiedeln, und sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Physiologie des Säuglings, einschließlich der Ausbildung des Immunsystems und der Verarbeitung von Nahrungsbestandteilen4.
Steckbrief Bifidobakterin4:
- Erste Mikroorganismen im Darm von Säuglingen, vor allem bei Gestillten.
- Unterstützen Verdauung durch Abbau komplexer Kohlenhydrate.
- Produzieren kurzkettige Fettsäuren (Acetat, Laktat).
- Präventiv gegen pathogene Bakterien im Darm durch Säureproduktion.
- Häufig in probiotischen Nahrungsergänzungsmitteln und fermentierten Lebensmitteln.
- Wirksam bei Verdauungsstörungen, Durchfall, Verstopfung, entzündlichen Darmerkrankungen.
- Zentral für Erhalt eines gesunden Mikrobioms und allgemeines Wohlbefinden.
Nahrung für Bifidobakterien
Oligosaccharide aus der menschlichen Milch sind ein wichtiger Faktor für die Entwicklung von Bifidobakterien. Einige Stämme von Bifidobacterium werden wegen ihrer gesundheitsfördernden Eigenschaften als probiotische Mikroorganismen angesehen und sind in funktionellen Lebensmitteln, insbesondere in Milchprodukten, sowie in Nahrungsergänzungsmitteln und pharmazeutischen Produkten enthalten. Es gibt wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit von Bifidobakterien-haltigen Präparaten bei der Behandlung verschiedener Darm- und extraintestinaler Erkrankungen4.
Probiotische Lebensmittel/Fermentierte Lebensmittel
Fermentierte Lebensmittel (z. B. Sauerkraut und Kefir) sowie Nahrungsergänzungsmittel sind wie bereits erwähnt die Hauptquellen Erwachsener für Probiotika. Die Auswahl des richtigen Probiotikums hängt von individuellen Gesundheitsbedürfnissen ab.
Was sind fermentierte Lebensmittel?
Fermentierte Lebensmittel entstehen durch mikrobielles Wachstum und enzymatische Umwandlung ihrer Bestandteile. Dieser Prozess umfasst eine breite Palette von Produkten wie Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Gemüse, Sojabohnen, andere Hülsenfrüchte, Getreide und Früchte. Die Fermentation hängt von Faktoren wie Mikroorganismen, Nährstoffen und Umweltbedingungen ab und führt zu einer Vielzahl unterschiedlicher Produkte. Ursprünglich als Konservierungsmethode genutzt, reduziert die Fermentation das Risiko pathogener Kontamination durch Erzeugung antimikrobieller Stoffe wie organischer Säuren, Ethanol und Bacteriocine. Zusätzlich verbessert sie Geschmack und Textur der Lebensmittel, wobei manche, wie Oliven, erst durch die Entfernung bitterer Verbindungen während der Fermentation genießbar werden5.
Die Fermentation von Lebensmitteln erfolgt hauptsächlich durch zwei Methoden:
Die natürliche oder wilde Fermentation, auch Spontanfermentation genannt, wobei die Mikroorganismen natürlicherweise in der rohen Lebensmittel- oder Verarbeitungsumgebung vorkommen. Diese Methode wird bei Produkten wie Sauerkraut, Kimchi und einigen fermentierten Sojaprodukten angewendet.
Die Fermentation mit Starterkulturen, wobei spezifische Mikroorganismen hinzugefügt werden, wie es bei Kefir, Kombucha und Natto der Fall ist. Eine besondere Technik dabei ist das „Backslopping“, bei dem ein Teil einer früheren Fermentation zum Rohmaterial hinzugefügt wird, beispielsweise bei Sauerteigbrot. Sowohl natürliche Starter als auch kommerzielle Kulturen können verwendet werden, um die organoleptischen Eigenschaften des Endprodukts zu standardisieren5.
Gesundheitliche Vorteile fermentierter Lebensmittel
- Probiotische Mikroorganismen: Viele fermentierte Produkte enthalten probiotische Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien, oft in Konzentrationen von mindestens 10^6 mikrobiellen Zellen pro Gramm. Die Konzentration dieser Mikroorganismen kann jedoch variieren, abhängig von Faktoren wie Region, Alter und Zeitpunkt der Analyse oder des Verzehrs.
- Überleben der probiotischen Stämme: Die Lebensmittelmatrix um die probiotischen Stämme herum bietet eine puffernde und schützende Wirkung, was ihr Überleben im sauren Milieu des Darms begünstigt. Obwohl ihre Präsenz im Darm oft nur vorübergehend ist, können sie physiologischen Nutzen bringen, indem sie mit pathogenen Bakterien konkurrieren und immunregulierende sowie neurogene Fermentationsnebenprodukte erzeugen.
- Gesundheitliche Vorteile von Metaboliten: Metaboliten aus der Fermentation, wie bioaktive Peptide und Polyamine, die von Milchsäurebakterien erzeugt werden, können positive Auswirkungen auf die kardiovaskuläre, immunologische und metabolische Gesundheit haben.
- Biologisch aktive Metaboliten: Milchsäurebakterien können phenolische Verbindungen (wie Flavonoide) in biologisch aktive Metaboliten umwandeln.
- Nährstoffgehalt: Fermentierte Lebensmittel enthalten wichtige Nahrungskomponenten wie Präbiotika und Vitamine, die ebenfalls gesundheitsfördernd sein können.
- Reduktion von Toxinen und Antinährstoffen: Durch Fermentation können unerwünschte Substanzen wie Phytinsäure in Sojabohnen oder FODMAPs in Sauerteig verringert werden, was die Verträglichkeit dieser Produkte bei Personen mit funktionellen Darmstörungen wie dem Reizdarmsyndrom verbessern kann5.
Fermentierte Milchprodukte
- Fermentation ist eine traditionelle Methode zur Konservierung von Milch.
- Bietet sensorische Eigenschaften und gesundheitliche Vorteile.
- Beispiele: Joghurt, fermentierte Milch, Sahne, Butter, Käse.
Bakterien-Kulturen in fermentierten Milchprodukten:
- Fermentation erfolgt hauptsächlich durch Milchsäurebakterien (LAB).
- Wichtige LAB-Arten: Lactococcus lactis, Streptococcus salivarius subsp. thermophilus (S. thermophilus) in Joghurts, Lactobacillus delbrueckii ssp. in fermentierter Milch, Lactobacillus helveticus in Schweizer Käsen.
- Andere Mikroorganismen: Propionibakterien (PAB) in Schweizer Käsesorten, Schimmelpilze und Hefen auf der Käseoberfläche.
Gesundheitliche Vorteile:
- LAB fördern die Verdauung, indem sie Laktose zu Milchsäure fermentieren, was Verderb und pathogene Flora hemmt und angenehme Aromen erzeugt.
- PAB in Käse nutzen Milchsäure, um Propionsäure, Essigsäure und Kohlendioxid zu produzieren; dies trägt zur Käsestruktur bei und fördert die Darmgesundheit.
- PAB synthetisieren Vitamine B9 und B12.
- Ausgewählte LAB- und PAB-Stämme haben nachweislich positive Effekte auf die Darmhomöostase, aber diese Effekte sind stammabhängig.
Fermentierte Milchprodukte enthalten vielfältige Mikroorganismen, die nicht nur zur Haltbarkeit und Qualität des Produkts beitragen, sondern auch potenzielle gesundheitliche Vorteile, insbesondere für den Magen-Darm-Trakt, bieten. Die stammabhängigen Effekte erfordern sorgfältige Auswahl und weitere Forschung für die Entwicklung gezielter funktioneller Lebensmittel6.
Kefir
Kefir ist ein traditionelles, fermentiertes Milchgetränk aus dem Kaukasus mit cremiger Konsistenz, saurem Geschmack und leichtem Sprudeln. Es enthält eine Vielzahl von Mikroben-Arten, darunter:
- Bakterien: Lactobacillus brevis, L. paracasei, L. helveticus, L. kefiranofaciens, L. plantarum, L. kefiri, Lactococcus lactis, Streprotcoccus thermophiles, Acetobacter lovaniensis, Acetobacter orientalis.
- Hefen: Saccharomyces cerevisiae, S. unisporus, Candida Kefyr, Kluyveromyces marxianus, Leuconostoc mesenteroides.
Diese Mikroorganismen produzieren während der Fermentation Substanzen wie Milchsäure, Ethanol und Kohlendioxid, die zu den organoleptischen Eigenschaften von Kefir beitragen. Die Studien zeigen, dass Kefir die Darmmikrobiota positiv beeinflusst, indem er die Konzentrationen von Lactobacillus, Lactococcus und Bifidobacterium erhöht und die von Proteobakterien und Enterobacteriaceae verringert. Dies wirkt sich günstig auf die Gesundheit des Magen-Darm-Traktes aus und kann auch bei Laktosemalabsorption gut vertragen werden.Es gibt auch Hinweise auf positive Wirkungen bei Verstopfung5.
Kombucha
Kombucha ist ein fermentiertes Teegetränk, das ursprünglich aus Nordostchina stammt und aus schwarzem oder grünem Tee sowie Zucker hergestellt wird. Es wird durch aerobe Fermentation mit einer symbiotischen Kultur von Bakterien und Hefe (SCOBY) erzeugt. Zu den häufig in SCOBY vorkommenden Mikroorganismen gehören:
- Bakterien: Essigsäurebakterien (Acetobacter, Gluconobacter), Milchsäurebakterien (Lactobacillus, Lactococcus)
- Hefen: Saccharomyces, Zygosaccharomyces, Candida und Zygosaccharomyces (vorherrschende Hefen nach Fermentation), Komagataeibacter, Lyngbya, Gluconobacter, Lactobacilli und Bifidobacteria (häufigste Bakteriengattungen nach Fermentation)
Bei der Herstellung von Kombucha bildet sich Essigsäure, was dem Getränk einen niedrigen pH-Wert und antimikrobielle Eigenschaften verleiht, die das Wachstum pathogener Bakterien wie Helicobacter pylori, Escherichia coli, Salmonella typhimurium und Campylobacter jejuni hemmen können.
Es wird vermutet, dass Kombucha möglicherweise positive Auswirkungen auf die Gesundheit des Magen-Darm-Traktes haben könnte, basierend auf seinen antimikrobiellen Eigenschaften und den in Tierversuchen beobachteten physiologischen Wirkungen5.
Sauerkraut
Sauerkraut ist eine weit verbreitete Form von konserviertem Kohl, der durch die Spontangärung von zerkleinertem Kohl und Salz entsteht. Die Fermentation wird hauptsächlich von Mikroorganismen wie Leuconostoc spp., Lactobacillus spp. und Pediococcus spp. durchgeführt. Weitere in Sauerkraut nachgewiesene Mikroben umfassen Bifidobacterium dentium, Enterococcus faecalis, Lactobacillus casei, Lactobacillus delbrueckii, Staphylococcus epidermidis, Lactobacillus sakei, Lactobacillus curvatus, Lactobacillus plantarum, Lactobacillus brevis, Weissella confusa, Lactococcus lactis und Enterobacteriaceae.
Sauerkraut wirkt sich positiv auf die Gesundheit des Magen-Darm-Traktes aus. Es enthält Milchsäurebakterien, die probiotische Potenziale aufweisen, einen niedrigen pH-Wert tolerieren, an Caco-2-Zellen (=epithelialen Darmzellen) haften und antimikrobielle Wirkungen gegen Krankheitserreger haben. Lactobacillus paracasei HD1.7, häufig in Sauerkraut, produziert Bakteriocin, das bei der Konservierung eine Rolle spielen könnte. Studien zeigen, dass Sauerkraut den Schweregrad des Reizdarmsyndroms reduzieren kann5.
Fermentiertes Soja
Soja kann auf verschiedene Weisen fermentiert werden, damit man unterschiedliche Endprodukte erhält. Zu den bedeutsamsten zählen5:
Tempeh
- Traditionelles indonesisches Lebensmittel.
- Hergestellt durch Fermentation von gekochten, geschälten Sojabohnen mit Rhizopus oligoporus-Pilzarten.
- Enthält Milchsäurebakterien, Enterococcus faecium und Rhizopus-Fadenpilze.
- Förderlich für Darmgesundheit: Erhöht Bacteroidetes, Firmicutes, Clostridium leptum und Bacteroides fragilis im Stuhl.
Natto
- Traditionelle japanische fermentierte Sojabohne.
- Fermentiert mit Bacillus subtilis var. natto.
- Produziert Nattokinase, Bacillopeptidase F, Vitamin K2, Dipicolinsäure.
- Beeinflusst positiv die Stuhlfrequenz und erhöht Bifidobakterien im Stuhl.
Miso
- Traditionelle japanische Paste aus fermentierten Sojabohnen, hergestellt mit Aspergillus oryzae („Koji“).
- Kann Saccharomyces cerevisiae und Milchsäurebakterien enthalten.
- Enthält Bacillus subtilis, Bacillus amyloliquefaciens, Staphylococcus gallinarum, Staphylococcus kloosii, Lactococcus sp. GM005.
- Potenziell positive Auswirkungen auf gastroösophageale Refluxkrankheit und funktionelle Dyspepsie (=Verdauungsstörung, gekennzeichnet durch chronische oder wiederkehrende Schmerzen oder Unbehagen im Oberbauch ohne erkennbare organische Ursache).
Kimchi
- Fermentiertes Gemüse aus Korea, hergestellt aus Chinakohl/Radieschen, Gewürzen (z.B. Chili, Knoblauch, Zwiebel) und weiteren Zutaten (z.B. Karotten, Äpfel).
- Fermentation erfolgt spontan durch Mikroorganismen auf dem Kohl, obwohl Starterkulturen verwendet werden können.
- Enthält verschiedene Bakterienarten, darunter Leuconostoc, Lactobacillus, Pseudomonas, Pantoea und Weissella. Während der Gärung wird die Bakteriengemeinschaft von Leuconostoc dominiert.
Gesundheitliche Vorteile für den Magen-Darm-Trakt:
- In einer Humanstudie veränderte der Verzehr von fermentiertem Kimchi die Expression von Genen, die mit Stoffwechselwegen und Immunität zusammenhängen.
- Verzehr von Kimchi erhöhte Lactobacillus und Leuconostoc im Stuhl und senkte den pH-Wert bei Menschen.
- Einige Studien zeigen eine positive Beeinflussung der Darmmikrobiota durch Kimchi5.
Sauerteigbrot
- Hergestellt durch Fermentation von Mehl mit Milchsäurebakterien und Hefen aus dem Mehl und der Umgebung.
- Symbiotische Fermentation von Bakterien und Hefe verbessert Brotqualität, Textur, Geschmack, Nährstoffgehalt und Haltbarkeit.
Bakterien-Kulturen im Sauerteigbrot:
- Enthält verschiedene Arten aus den Gattungen Lactobacillus, Leuconostoc, Weissella, Pediococcus und Streptococcus.
- Lactobacillus sanfransiscensis ist häufig in Sauerteigstartern vorhanden.
- Häufige Hefearten sind Saccharomyces cerevisiae, Candida milleri, C. humilis, Saccharomyces exiguous und Issatchenkia orientalis.
Gesundheitsfördernde Eigenschaften:
- Kann den Gehalt an unverdaulichen Oligosacchariden wie Fruktanen und Raffinose im Brot senken, was die Verträglichkeit bei Patienten mit Reizdarmsyndrom verbessert.
- Antimikrobielle, blutdrucksenkende und cholesterinsenkende Eigenschaften werden den Sauerteigmikroorganismen zugeschrieben.
- In-vitro- und In-vivo-Studien zeigen Veränderungen in der Darmmikrobiota nach Verzehr von Sauerteigbrot, jedoch ohne signifikante Unterschiede in der Zusammensetzung der Stuhlmikrobiota bei gesunden Erwachsenen5.
Wirkungen von Probiotika auf den Darm
Studien belegen die Vorteile von Probiotika bei der Behandlung von beispielsweise Verdauungsstörungen wie Reizdarmsyndrom und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Diese Erkrankungen hängen meist mit einem gestörten Darmmikrobiom zusammen. Dazu gehören:
- Dysbiose der Darmmikrobiota: Dysbiose, ein Ungleichgewicht der Darmmikrobiota, wird durch Faktoren wie bakterielle Infektionen, Ernährungsumstellungen und Antibiotika verursacht. Sie ist mit Darmerkrankungen wie chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), Reizdarmsyndrom und Zöliakie verbunden. Probiotika helfen, das mikrobielle Gleichgewicht im Darm wiederherzustellen und Infektionen nach Antibiotikabehandlungen vorzubeugen.
- Antibiotika-assoziierte Diarrhö (AAD): AAD, eine Nebenwirkung von Antibiotika, entsteht durch Störungen der Darmmikrobiota. Besonders das Bakterium Clostridioides difficile ist häufig beteiligt. Probiotika haben sich als nützlich und sicher in der Prävention von AAD erwiesen, wobei Lactobacillus rhamnosus und Saccharomyces boulardii besonders effektiv sind.
- Entzündliche Darmerkrankung (IBD): IBD ist eine chronische Entzündung des Magen-Darm-Trakts und umfasst Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und indeterminierte Colitis. Die Darmmikrobiota spielt wahrscheinlich eine Rolle in ihrer Entstehung. Probiotika haben Aufmerksamkeit als potenzielle Therapie zur Modulation der Mikrobiota erregt, besonders bei Colitis ulcerosa, während ihre Wirksamkeit bei Morbus Crohn noch unklar ist.
- Morbus Crohn (CD): CD, eine Form von IBD, betrifft den gesamten Verdauungstrakt. Verschiedene Faktoren wie Mikrobiologie, Genetik und Umwelt spielen eine Rolle in ihrer Entstehung. Probiotika können eine ergänzende Therapie bieten, aber ihre Wirksamkeit ist nicht eindeutig belegt.
- Kolorektaler Krebs (CRC): CRC ist eine Krebserkrankung im Dickdarm. Probiotika wurden in ihrer Rolle zur Prävention von CRC untersucht, besonders durch Veränderung der Darmmikrobiota und immunmodulatorische Mechanismen.
- Zukunftsperspektiven: Frühere und laufende Studien deuten darauf hin, dass Probiotika potenzielle Lösungen zur Vorbeugung oder Behandlung von mit dem Darmmikrobiom zusammenhängenden Krankheiten sein könnten. Jedoch besteht bei bestimmten Patientengruppen ein Risiko für Nebenwirkungen wie Bakteriämie, Sepsis oder Endokarditis, was auf die Notwendigkeit einer angemessenen Dosierung hinweist7.
Immunsystem
Eine Studie zeigt, wie Probiotika Immun- und Entzündungsmechanismen beeinflussen können. Faktoren wie Ernährung, Alter, BMI, Medikamente und Stress beeinträchtigen ihre Effektivität. Probiotika verbessern die Darmmikrobiota, erhöhen die Schleimsekretion und schützen Tight-Junction-Proteine (=Proteine in Zellmembranen, die Zellen eng miteinander verbinden und deren Durchlässigkeit und Integrität regulieren). Sie dämpfen unter anderem Entzündungsreaktionen und minimieren die übermäßige Aktivierung des Immunsystems bei Erkrankungen wie Allergien oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen8.
Probiotika unterstützen zudem die Zelldifferenzierung von T-Zellen (= Zellen des Immunsystems) und die Entwicklung von Zytokinen (= Signalproteine, die eine Schlüsselrolle in der Immunantwort sowie in entzündlichen Prozessen spielen). Es gilt als belegt, dass Probiotika Entzündungsbiomarker minimieren und die Immunaktivierung regulieren8.
Probiotika-Einnahme nach Antibiotika
Der Begriff „Antibiotika“ kommt aus dem Griechischen, wobei „anti“ für „gegen“ und „bios“ für „Leben“ steht. Der Begriff „Probiotika“ meint wie eingangs beschrieben das genaue Gegenteil, nämlich „für das Leben“. Probiotika, die eher präventiv als therapeutisch eingesetzt werden, werden demnach als Gegenstück zu Antibiotika betrachtet1. Antibiotika können das Darmmikrobiom signifikant verändern und somit auch das Metagenom (= Gesamtheit aller genetischen Informationen, die von den Mitgliedern einer mikrobiellen Gemeinschaft wie dem Darmmikrobiota, geteilt wird) beeinflussen1.
Die Einnahme von Probiotika nach einer Antibiotika-Therapie kann daher in vielen Fällen sinnvoll sein. Antibiotika sind dafür bekannt, dass sie nicht nur krankheitserregende Bakterien abtöten, sondern auch die nützlichen Bakterien im Darm beeinträchtigen können. Zusätzlich stellt die zunehmende Resistenz gegen antimikrobielle Medikamente, die sich auf nahezu alle bekannten Antibiotika erstreckt, ein dringendes Problem im Bereich der öffentlichen Gesundheit dar. Diese Entwicklung beeinträchtigt die Effektivität von Antibiotika bei der Behandlung von Infektionskrankheiten weltweit erheblich1.
Der Einsatz von Antibiotika ist weit verbreitet in Medizin, Veterinärmedizin und Landwirtschaft, was zu einem hohen Verbrauch führt, insbesondere in Ländern wie Australien und den USA. Probiotika, betrachtet als lebende Medikamente, gewinnen an Popularität für die Verringerung des Antibiotikaverbrauchs und die Förderung der menschlichen Gesundheit. Sie werden zunehmend zur Vorbeugung und Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen eingesetzt und gelten allgemein als sicher1.
Die Zusammensetzung der Darmmikrobiota kann durch die Aufnahme von Probiotika positiv beeinflusst werden, was sie zu einer effektiven Strategie zur Vorbeugung und Bekämpfung verschiedener Darmkrankheiten und Infektionen macht. In Anbetracht der Nachteile und Risiken im Zusammenhang mit Antibiotika, wie einer verringerten Diversität des Mikrobioms und der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen, wird die Nutzung von Probiotika als Alternative zu Antibiotika immer mehr bevorzugt1.
Erstverschlimmerungs-Symptome von Probiotika/ Nebenwirkungen
Im Großen und Ganzen werden Probiotika als sicher und gut verträglich angesehen, wobei gelegentlich Blähungen und Flatulenz als Nebenwirkungen auftreten können. Probiotika, die aus Bakterien gewonnen werden, sollten zudem nicht gleichzeitig mit Antibiotika eingenommen werden; es wird empfohlen, einen Zeitabstand von mindestens zwei Stunden zwischen der Einnahme beider zu lassen9.
Infektionsrisiko
Da Probiotika lebende Mikroorganismen sind, besteht theoretisch die Möglichkeit, dass sie beim Wirt (Menschen) zu Infektionen führen können. Es ist wichtig, das Risiko und die Schwere einer möglichen Sepsis, die durch probiotische Bakterien verursacht werden könnte, gegenüber dem Risiko einer Sepsis durch gefährlichere Bakterien und der Schwere der Krankheiten abzuwägen, für die Probiotika als Behandlungsmethode eingesetzt werden. Um den tatsächlichen gesundheitlichen Nutzen von Probiotika zu bestimmen, sind zukünftig gut geplante, placebokontrollierte Studien mit validierten Ergebnissen notwendig. Dabei ist die sorgfältige Auswahl der probiotischen Stämme, die Standardisierung ihrer Dosierung und ein umfassendes Verständnis ihrer positiven Effekte von großer Bedeutung10.
Gegenanzeigen
Bei der Anwendung von Probiotika ist jedoch Vorsicht geboten, insbesondere bei schwer erkrankten oder immunschwachen Patienten sowie bei Personen mit einem zentralen Venenkatheter, da in seltenen Fällen systemische Infektionen entstehen können9.
Dosierungs- und Einnahmeempfehlung zu Probiotika
Es gibt keine einheitliche Meinung darüber, wie hoch die Mindestanzahl an Mikroorganismen sein muss, um eine positive Wirkung zu erzielen. Allerdings wird allgemein angenommen, dass ein Probiotikum typischerweise mehrere Milliarden Mikroorganismen enthalten sollte, um die Chancen einer erfolgreichen Besiedlung des Darms zu verbessern9.
Abnehmen mit Probiotika
Die Frage, ob Probiotika zum Abnehmen geeignet sind, ist Gegenstand laufender Forschung, und die Ergebnisse sind bislang nicht eindeutig. Einige Studien deuten darauf hin, dass Probiotika potenziell beim Abnehmen helfen oder die Gewichtskontrolle unterstützen können, allerdings ist der Zusammenhang komplex und nicht vollständig verstanden.
► Eine systematische Übersichtsarbeit untersuchte die Auswirkungen von Probiotika und Synbiotika auf die Gewichtsabnahme bei übergewichtigen und fettleibigen Personen. Es wurden von 185 gefundenen Artikeln 27 ausgewählt, die den Kriterien entsprachen. Von diesen zeigten 23 Artikel positive Effekte der Probiotika- oder Synbiotika-Einnahme auf die Gewichtsabnahme.
Die Studien ergaben, dass die Einnahme von Probiotika oder Synbiotika über durchschnittlich 12 Wochen zu einer signifikanten Gewichtsreduktion führen kann. Dies geschah entweder durch die Beibehaltung der gewohnten Lebensgewohnheiten oder in Kombination mit Energierestriktion und/oder erhöhter körperlicher Aktivität. Besonders Stämme der Gattungen Lactobacillus und Bifidobacterium wurden häufig verwendet und zeigten die besten Ergebnisse bei der Reduzierung des Körpergewichts.
Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Probiotika und Synbiotika das Potenzial haben, die Gewichtsabnahme bei übergewichtigen und fettleibigen Menschen zu unterstützen11.
Fazit
Probiotika sind weit mehr als nur ein Trend in der Gesundheits- und Ernährungswelt; sie sind ein grundlegender Bestandteil eines gesunden Lebensstils. Von der Stärkung des Immunsystems über die Verbesserung der Darmgesundheit bis hin zur potenziellen Unterstützung beim Gewichtsmanagement – Probiotika bieten ein breites Spektrum an gesundheitlichen Vorteilen. Während weitere Forschung notwendig ist, um alle ihre Wirkungsweisen vollständig zu verstehen, ist die aktuelle Evidenz überzeugend genug, um ihre Integration in eine ausgewogene Ernährung zu befürworten. Probiotika und Präbiotika ergänzen sich gegenseitig und tragen wesentlich zu unserer Gesundheit und unserem Wohlbefinden bei.
Häufige Fragen zu Probiotika
Ist es sinnvoll, Probiotika einzunehmen?
Es kann sinnvoll sein, Probiotika einzunehmen, besonders in bestimmten Situationen. Probiotika können helfen, das Gleichgewicht der Darmflora zu unterstützen, was wiederum die Verdauungsgesundheit und das Immunsystem fördern kann. Sie sind insbesondere nützlich nach einer Antibiotikatherapie, um die durch Antibiotika gestörte Darmflora wiederherzustellen, und können bei Verdauungsproblemen wie Durchfall, Verstopfung und Reizdarmsyndrom helfen. Allerdings sollten sie nicht als Allheilmittel betrachtet werden und sind nicht für jeden geeignet.
Wer sollte keine Probiotika nehmen?
Personen mit einem geschwächten Immunsystem, sollten vor der Einnahme von Probiotika Vorsicht walten lassen. Ebenso sollten Personen mit schweren Erkrankungen, insbesondere solche, die das Herz oder das Verdauungssystem betreffen, ihren Arzt konsultieren, bevor sie Probiotika einnehmen. In einigen Fällen kann die Einnahme von Probiotika das Risiko von Infektionen erhöhen oder andere gesundheitliche Probleme verursachen.
In welchen Lebensmitteln ist Probiotika enthalten?
Probiotika finden sich natürlich in fermentierten Lebensmitteln. Dazu gehören Joghurt, Kefir, Sauerkraut, Kimchi, Miso, Tempeh und einige fermentierte Käsesorten. Nicht alle fermentierten Lebensmittel enthalten lebende Kulturen, da der Prozess der Pasteurisierung die Bakterien abtöten kann. Es ist daher wichtig, nach Produkten zu suchen, die explizit „lebende Kulturen“ oder „aktive Kulturen“ auf dem Etikett angeben.
Für was hilft Probiotika?
Probiotika können bei verschiedenen gesundheitlichen Aspekten helfen. Sie sind bekannt für ihre positive Wirkung auf die Darmgesundheit, indem sie Verdauungsprobleme lindern und das Gleichgewicht der Darmflora unterstützen. Probiotika können auch das Immunsystem stärken und helfen, die Nebenwirkungen von Antibiotika auf das Darmmikrobiom zu reduzieren. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass sie bei der Reduzierung von Allergiesymptomen helfen können. Die Forschung untersucht weiterhin andere potenzielle Vorteile von Probiotika, darunter ihre Rolle bei der Gewichtsregulierung und psychischen Gesundheit.
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